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Mit dem Rollstuhl durch den Südwesten der USA

 

Der Südwesten der USA begeistert mit einem Facettenreichtum, der seinesgleichen sucht! Mehr als beeindruckend wirken die spektakulären Landschaften der Nationalparks, gewaltige Sandsteinformationen in schimmerndem Rottönen oder unendliche Wüstenlandschaften, die gerade zwischen Februar und Mai mit ihren vielen Wildblumen verzaubern. Neben den atemberaubenden Naturschauspielen faszinieren aber auch die Metropolen: Hochhäuser, die scheinbar bis in die Wolken ragen und ein unverwechselbares buntes Treiben auf den Straßen machen den „American Way of Life“ für jeden spürbar.

 

Diese herrliche Region darf ich im Auftrag von Ahorn Reisen, einem Veranstalter für barrierefreie Reisen besuchen. Meine Aufgabe ist es, die Unterkünfte und Sehenswürdigkeiten auf Ihre Barrierefreiheit zu testen und herauszufinden ob eine solche Reise auch mit dem Rollstuhl problemlos zu machen ist.

 

Ich beginne meine Reise in Los Angeles, der „Stadt der Engel“, mit 10 Millionen Einwohnern das zweitgrößte Ballungszentrum der USA. Spanier gründeten im Jahre 1781 die Stadt und gaben ihr den Namen „El Pueblo de la Reina de Los Angeles“ (die Stadt der Königin der Engel). Im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“ bietet auch LA unzählige Möglichkeiten für spannende Sightseeing-Touren und Ausflüge:

 

Nördlich von Hollywood befinden sich die Universal Studios um die herum ein großer Freizeitpark gebaut wurde – typisch amerikanisch. Besonders empfehlen kann ich die kommentierte Studio Tour. Mit einer barrierefreien Tram werden die Gäste durch die Studiolandschaft „chauffiert“, für Rollstühle gibt es eigens einen speziellen, erhöhten Zugang. Die Tour führt durch die Schauplätze bekannter Filme, wie z.B. „Jurassic Park“, „Zurück in die Zukunft“ oder „Psycho“, während man Erklärungen zu alten sowie in der Entstehung befindlichen Kino- und Fernsehfilmen bekommt.

 

Wer in Los Angeles Station macht, sollte sich unbedingt auch für das Getty Museum Zeit nehmen! Selbst wenn man kein Kunstliebhaber ist, rentiert sich die Fahrt hoch in die Berge im Norden der Stadt. Vom ausgeschilderten Parkplatz nimmt man die Monorail (ebenerdig), die einen hoch zum Museum bringt. An klaren Tagen sieht man von hier die Skyline der Downtown, die Berge von San Bernadino, das Meer sowie die Dächer der Häuser von Hollywood.

 

Von Los Angeles aus geht es weiter nach Süden bis kurz vor die mexikanische Grenze, nach San Diego. Besonders beeindruckend ist der historische Kern „Old Town“ im spanischen Adobe Stil. Auch wenn nicht alle der alten Gebäude barrierefrei zugänglich sind bekommt man einen guten Eindruck vom Leben der ersten Bewohner der Stadt. Eine ganz andere Atmosphäre herrscht im „Gaslamp Quarter“. Hier entstanden in den vergangenen Jahrzehnten immer neue Geschäfte, Cafés und Restaurants und die alten Ziegelgebäude mit ihren Fassaden im viktorianischen Stil wurden in den letzten Jahren vollständig restauriert.

 

Und noch ein Tipp: Einen besonders schönen Blick auf San Diego hat man von Coronado Island, einer vorgelagerten Halbinsel auf der viele Villen in viktorianischem Baustil die Straßen säumen.

 

Nach dem Aufenthalt in San Diego führt mich meine Reise ins Landesinnere. Über Palm Springs, ein bei den Reichen und Schönen Hollywoods sehr beliebten Ort, und den nahegelegenen und bei uns noch eher unbekannten Joshua Tree Nationalpark, erreiche ich zwei weitere Städte: Laughlin, dass etwas spöttisch auch „Las Vegas für Arme“ genannt wird (hier gibt es zwar ebenfalls viele Casinos, aber die extravaganten Hotels fehlen), und Phoenix, die Hauptstadt des Grand Canyon-Staates Arizona.

 

Phoenix liegt, zusammen mit seiner Schwesterstadt Scottsdale, wie eine Oase inmitten der Wüste. Neben der im Wildweststil erbauten Old Town von Scottsdale ist besonders das Heard Museum zu empfehlen. Hier findet man eine der besten Sammlungen an indianischen Kunst- und Kulturgegenständen.

 

Bevor ich den Grand Canyon ansteuere, mache ich noch Halt in Sedona, das New Age Fans als Zentrum inspirierender Kräfte entdeckt haben. An bestimmten Vortex-Punkten kann man innere Ruhe und Inspiration tanken, doch sind diese mit dem Rollstuhl nicht ganz einfach zu erreichen. Daher konzentriere ich mich eher auf die landschaftlichen Aspekte der Umgebung – von verschiedenen Aussichtspunkten hat man herrliche Ausblicke auf die roten Fels- und Bergformationen, allen voran der Cathedral Rock.

 

Doch nun geht es endlich zum Grand Canyon, ein touristisches Pflichtziel, kann man wohl sagen. Und die Aussichten sind überwältigend. Der Blick in die gewaltigste Schlucht Amerikas geht über Plateaus, Klippen und Canyons bis zum Colorado River. Nicht alle Straßen im Grand Canyon Nationalpark dürfen mit dem Auto befahren werden, aber als Rollstuhlfahrer bekommt man am Eingang eine Sondergenehmigung. So kann man zum Beispiel mit einem Zahlencode die Schranke auf dem Weg zum Hermit’s Rest öffnen.

 

Von den vielen Aussichtspunkten mit immer wieder neuen faszinierenden Einblicken in die Schlucht und Panoramablicken entlang des Colorado River sind aufgrund von Bordsteinkanten leider nicht alle unmittelbar mit dem Rollstuhl erreichbar. Dennoch fasziniert der Grand Canyon mit seiner atemberaubenden Schönheit, wenn man möchte auch aus der Luft: Bei einem Rundflug mit Grand Canyon Airlines – eine spezielle Rollirampe ermöglicht einen unkomplizierten Zugang in die kleine Propellermaschine – bekommt man noch einmal ganz neue Eindrücke von diesem Naturwunder.

 

Mein nächstes Ziel ist Page, direkt am Glen Canyon Staudamm gelegen, der den Lake Powell aufstaut. Dieser riesige, blaue See, umrahmt von Felsen in Gelb- und Rottönen, bietet einen eindrucksvollen Kontrast zur Wüstenlandschaft. Zudem ist er ein beliebtes Paradies für Wassersportler und ein wahres Hausbootmekka. Wer es sportlich mag und das kühle Nass nicht scheut, dem empfehle ich eine Rafting-Tour auf dem Colorado River. Das freundliche Personal hilft sowohl beim Einsteigen als auch beim sehr steilen Weg runter zum Schlauchboot. (Die letzten zehn Stufen wird man getragen.)

 

Ein besonderes Erlebnis ist der wenige Minuten entfernte Antelope Canyon. Wind und Wasser haben in der Spaltöffnung, die tief in den Felsen führt, ein kleines Wunder erschaffen. Das einfallende Licht wird von verschiedenen Felsoberflächen reflektiert und lässt den Canyon in verschiedenen Farben leuchten. Der Besuch ist für Rollstuhlfahrer nicht ganz einfach, lohnt sich aber auf jeden Fall. Der Einstieg in den Jeep mit dem man zum Eingang gefahren wird ist sehr hoch für Menschen mit Behinderung und im Innern des Canyons ist weicher, tiefer Sandboden, so dass man mit dem Rollstuhl dieses Naturschaupiel nur mit Hilfe erleben kann.

 

Über das Monument Valley mit seiner aus vielen Westernfilmen und Werbespots bekannten Kulisse erreiche ich Moab, zwischen Arches Nationalpark und Canyonlands Nationalpark gelegen. Auch wenn viele der durch Erosion entstandenen Steinbögen nur von Weitem gesehen werden können, faszinieren die ungewöhnlichen Gesteinsformationen.

 

Ganz andere Formen finde ich wiederum im Bryce Canyon vor, der einer Zauberlandschaft aus Tausenden von lachsrosa bis rostroten Türmchen und Felszinnen gleicht. Eine Panoramastraße führt zu den einzelnen Aussichtspunkten auf die bizarren Felsgebilde, Hoodoos genannt. Unbedingt sehenswert ist der Bryce Point, auch wenn es zu diesem Punkt erst einmal steil rauf und dann noch steiler runter geht – ganz ohne Hilfe nicht zu machen. Die meisten anderen Aussichtspunkte sind mit dem Rollstuhl gut erreichbar, nicht auslassen sollte man vor allem den Paria View.

 

Nach einem Besuch im Zion Nationalpark, den Scenic Drive kann man wunderbar mit einem rollstuhlgerechten Shuttle-Bus befahren, erreiche ich Las Vegas, die Glitzerstadt in der Wüste. Hier in der Heimat des Glücksspiels ist „Superlative“ das Maß aller Dinge. Aufwendige Themencasinos findet man genauso am Strip wie Edelrestaurants und noble Einkaufszentren und die Showbühnen mit bekannten Stars locken Nachtschwärmer an.

 

Relativ schnell zieht es mich wieder in die Natur und ich fahre nach einem Zwischenstopp im Death Valley, einer kargen aber abwechslungsreichen und faszinierenden Landschaft, zum Sequoia und Kings Canyon Nationalpark. Die Parks beinhalten einige Superlativen: die größten Bäume, den tiefsten Canyon und die höchsten Berge. In dieser Gegend sieht man auch häufiger Schwarzbären. Vorsicht: die Bären sehen zwar niedlich und zutraulich aus, sind es aber nicht.

 

Ein weiteres Muss auf einer Reise durch den Südwesten der USA ist natürlich der Yosemite Nationalpark, bekannt für eine unverwechselbare Artenvielfalt, beeindruckende Granitfelsen, Wasserfälle und klare Bäche sowie die einzigartigen Mammutbäume. Als Rollstuhlfahrer darf man teilweise auch gesperrte Straßen des Parks befahren, entsprechende Ausweise sind am Visitorcenter erhältlich. Entlang der Straßen gibt es außerdem viele Radwege, die von Rollstuhlfahrern bequem benutzt werden können. Unbedingt lohnenswerte Ziele in diesem Park sind die Yosemite Falls, die höchsten Wasserfälle in Nordamerika, und der Glacier Point, von dem man einen weiten, atemberaubenden Blick auf die High Sierra, den Half Dome und auf das 1.000 Meter weiter unten liegende Tal genießen kann.

 

Nach einem Abstecher an den Lake Tahoe, ein beliebtes Urlaubsziel sowohl im Sommer als auch im Winter, erreiche ich San Francisco. Diese Stadt, zwischen dem Pazifik und der San Francisco Bay gelegen, gilt als eine der schönsten Städte Amerikas. Auf den ersten Blick ist sie wegen ihrer Hügel mit dem Rollstuhl eher mühsam zu erkunden, aber San Francisco hat ein gut ausgebautes Bus- und Bahnnetz, das durch erhöhte Bahnsteige und Lifte gut nutzbar ist. Über das Wahrzeichen der Stadt, die 3 km lange Golden Gate Bridge, kann man übrigens auch mit dem Rollstuhl rollen. Von der anderen Seite hat man einen tollen Blick auf die Brücke und die Stadt im Hintergrund.

 

Die letzte Etappe meiner Reise durch den Südwesten der USA führt mich entlang einer der schönsten Küstenstraßen der Welt, dem Highway No. 1. Er windet sich entlang der zerklüfteten Küste, mit Ausblicken auf das azurblaue Meer und eine Küste mit vielen Wildblumen im Frühjahr. Zwei interessante Stopps sind zunächst die Städtchen Monterey und Carmel, bevor zwischen Carmel und San Simeon der schönste Abschnitt der Küstenstraße folgt.

 

Über Santa Barbara schließlich, einer historischen Stadt mit schönen Stränden und guten Shoppingmöglichkeiten, erreiche ich wieder Los Angeles, den Ausgangspunkt meiner Reise. Nach sechs Wochen im Südwesten der USA kann ich sagen, diese Region ist mehr als eine Reise wert! Sie reizt und fesselt zugleich mit ihren imposanten Städten und einzigartigen, bizarren Naturlandschaften. Und auch wenn es unterwegs Hindernisse gab, die mir als Rollstuhlfahrerin einzelne Besichtigungen nicht ermöglichten, kann ich sagen dass auch Menschen mit Behinderung eine solche Rundreise ohne Weiteres bewerkstelligen können.

 

Mehrere Reisen mit verschiedenen Routen durch den Südwesten sowie ausführliche Informationen findet man auf der Internetseite www.barrierefreie-reisen.com von Ahorn Reisen. Dort sind die Reisen auch buchbar, mit Übernachtungen in den barrierefreien Hotels, die ich auf dieser Reise getestet habe.

 

Text: Gerda Pamler

 

Reiseroute:
 
- Los Angeles
- San Diego
- Palm Springs
- Joshua Tree Nationalpark
- Laughlin
- Scottsdale
- Sedona
- Flagstaff
- Grand Canyon
- Page/Lake Powell
- Moab
- Arches Nationalpark
- Canyonlands Nationalpark
- Bryce Canyon Nationalpark
- Zion Nationalpark
- Las Vegas
- Death Valley
- Bakersfield
- Visalia
- Sequoia Nationalpark
- Fresno
- Yosemite Nationalpark
- South Lake Tahoe
- San Francisco
- Monterey
- Santa Barbara
- Los Angeles